Wetterabhängige Bewässerungsdauer

Wer keine Bodenfeuchtigkeitssensoren verbaut hat, sollte seine Bewässerung wetterabhängig steuern. Dazu gibt es verschiedene Ansätze. Häufig verwendet ist eine Steuerung abhängig von der Evapotranspiration. Dieser Wert wird auch in der Landwirtschaft (professionell) eingesetzt, um die Erträge möglichst zu maximieren.

Was die Evapotranspiration genau ist und wie das mit Loxone umsetzbar ist, beschreibt im folgenden dieser Artikel.

Was ist die Evapotranspiration?

Evapotranspiration ist die Summe an verdunstetem Wasser aus Transpiration und Evaporation. Evaporation ist dabei der Anteil. der aus dem Boden verdunstet und Transpiration ist der Anteil, der über die Blätter der Pflanzen abgegeben wird (also "ausgeschwitzt" wird).

Man unterscheidet zwischen der potentiellen Evapotranspiration (abgekürzt ETp) und der tatsächlichen Evapotranspiration. Die potentielle Evapotranspiration beschreibt dabei die maximal mögliche Evapotranspiration, die unter bestimmten klimatischen Bedingungen auftreten kann. Die tatsächliche Evapotranspration beschreibt die tatsächlich auftretende Evapotranspiration, die immer kleiner als die potentielle Evapotranspiration ist. 

Die Berechnung der Evapotranspiration ist äußerst kompliziert. Es gibt mehrere wissenschaftliche Ansätze und Berechnungsmethoden dazu. Wer sich einlesen möchte, findet hier weitere Informationen:

Generell sind sehr viele und vor allem genaue Wetterdaten notwendig, um die Evapotranspiration zu berechnen.

Es gibt aber Vereinfachungen, die wir uns zu Nutze machen können. In Deutschland sehr verbreitet ist die Berechnung nach Haude von 1954, die eine Vielzahl von Wetterdaten in einer empirisch ermittelten Konstanten zusammenfasst und somit mit sehr wenigen Wetterdaten (Temperatur, Luftfeuchtigkeit) auskommt, dabei aber in Deutschland (genauer gesagt eigentlich in den westlichen Bundesländern) sehr gute Ergebnisse liefert.

Wie kann man die Evapotranspiration nutzen?

Das Prinzip ist einfach. Zunächst bestimmt man die Bewässerungsdauer für jeden Bewässerungsbereich für typische (Referenz-) Wetterbedingungen ohne Regen, z. B. in den Sommermonaten. Danach berechnet man die potentielle Evapotranspiration für diese Referenz-Wetterbedingungen (wie das genau geht kommt weiter unten). Wir bezeichnen diese Referenz-Evapotranspiration mit Referenz_ETp. Anschließend setzt man die aktuelle potentielle Evapotranspiration (diese bezeichnen wir mit Aktuell_ETp) minus dem aufgetretenen Niederschlag ins Verhältnis zur Referenz-Evapotranspiration und erhält damit einen Faktor, mit dem die Bewässerungsdauer angepasst wird. Den Faktor nennen wir Bewässerungslevel. Er wird in Prozent angegeben.

Klingt kompliziert, ist es aber nicht. Hier ein Beispiel:

Du bewässerst Deinen Rasen jeden Tag im Sommer 30 Minuten lang. Den Wert hast Du durch "Probieren" herausgefunden. Nun berechnest Du die potentielle (Referenz-) Evapotranspiration für die durchschnittlichen Sommermonate mit 2,8 mm (wie das genau geht kommt weiter unten).

Heute war es aber deutlich wärmer als Du in Deiner Referenz-Evapotranspiration angegeben hast. Die aktuelle Evapotranspiration beträgt daher 4,5 mm (wie das genau berechnet wird kommt weiter unten). Es wurde also deutlich mehr Wasser verdunstet als in den Referenzbedingungen angegeben. Du müsstest also auf Grund der Wetterbedingungen länger als 30 Minuten bewässern. Zusätzlich hat es aber heute einen Gewitterschauer mit 1 mm Niederschlag gegeben. Dieser Niederschlag hat ja bereits einen Teil der Verdunstung ausgeglichen und muss somit wieder abgezogen werden. Damit ergibt sich nun folgende Berechnung am Abend für den Bewässerungslevel:

Faktor = ( Aktuell_ETp - Niederschlag ) / Referenz_ETp

Faktor = ( 4,5 mm - 1 mm ) / 2,8 mm  = 1,25 = 125%

Der Bewässerungslevel für den heutigen Tag ist also 125%. Das bedeutet, dass wir durch die heutige höhere Temperatur gegenüber unseren Referenzbedingungen 25% mehr bewässern müssen, als wir in unseren Referenzbedingungen festgelegt haben. Somit ergibt sich folgende Bewässerungsdauer für heute:

Bewässerungsdauer = Referenzbewässerungsdauer * Bewässerungslevel

Bewässerungsdauer = 30 Min * 125% = 37,5 Min

Zur Sicherheit sollte man das Ergebnis der Berechnung noch auf 0 - 200% begrenzen. So ist sichergestellt, das Minimal gar nicht bewässert wird (0%, z. B. wenn es stark geregnet hat) oder Maximal doppelt so lange wie vorgesehen (200%, in unserem Beispiel also maximal 60 Min).

Eigentlich ganz einfach, oder? 

Berechnung der (Referenz-) Evapotranspiration

Zunächst einmal berechnen wir uns unsere Referenz-Evapotranspiration Referenz_ETp. Dazu benötigen wir Monatsdurchschnittswerte für unseren Standort. Es macht dabei Sinn, nur die Monate in die Berechnung einfließen zu lassen, für die Deine Referenz-Bewässerungsdauer auch gilt. Ich habe bei mir nur die Monate Juni, Juli und August in die Berechnung einfließen lassen. Man könnte die Berechnung noch auf Mai und September ausweiten. mehr würde ich aber nicht nehmen.

Die benötigten Durchschnittswerte bekommt man recht einfach im Internet. Zwei mögliche Quellen sind:

Auf der Wundermap musst Du Dir eine passende Station suchen und dann in den Stations-Details unten die Graphen entsprechend auf Monatswerte einstellen. Auf WorldWeatherOnline gibst Du zunächst Deine Stadt oben in das Suchfeld ein und gehst dann auf der Ergebnisseite relativ weit unten auf "View Full Yearly Averages". Den Graphen stellst Du Dir dann auf die Darstellung "1y" (1 Jahr), damit siehst Du alle Monatsdurchschnittswerte des vergangenen Jahres.

Wir benötigen lediglich folgende Daten der Monate, die wir in die Berechnung mit aufnehmen wollen:

  • Durchschnitts-Temperatur in °C (Average Temperature)

  • Durchschnitts-Luftfeuchtigkeit in %  (Humidity)

 

  

  

Wenn man die Evapotranspiration nach Haude berechnen möchte, benötigt man als weiteren Parameter noch die sogenannte Haude Konstante, die empirisch für typische Vegetationsarten ermittelt wird. Die folgende Tabelle zeigt diese Konstante als Beispiel. Du brauchst Dir das nicht zu merken - in der nachfolgenden Exceltabelle sowie auch in dem LoxoneConfig-Beispiel weiter unten habe ich diese Werte bereits für Dich hinterlegt.



Haude Konstante nach HÄCKEL, H. (1999): Meteorologie, 4. Aufl., Ulmer-Verlag, S.85.

http://wetter.andreae-gymnasium.de/interaktives/Feuchte/haude.htm



Zur Berechnung der Evapotranspiration habe ich eine Excel-Tabelle vorbereitet. Du musst lediglich die monatlichen Durchschnittswerte für Temperatur und Luftfeuchtigkeit (gelbe Zellen) in die entsprechenden Zeilen eintragen (nur die Monate, die Du auch in der Referenz berücksichtigen willst) und oben im DropDown noch auswählen, für welche Vegetationsart Du die Berechnung durchführen möchtest. Diesen Wert laß' bitte auf "Gras" stehen, denn auch die LoxoneConfig weiter unten verwendet "Gras" zur Berechnung. Da wir später nur eine Differenz bilden und keinen Absolutwert berechnen wollen, spielt die Vegetationsart hier keine Rolle - Hauptsache sie ist in beiden Berechnungen identisch gewählt!

Die ausgefüllte Excel-Tabelle sieht dann so aus:

  

Für meinen Standort ist die Referenz-Evapotranspiration Referenz_ETp also 2,83 mm.

Download der Exceltabelle zur Berechnung der Evapotranspiration:

Umsetzung in LoxoneConfig

Die Berechnung der aktuellen potentiellen Evapotranspiration wird nun in LoxoneConfig durchgeführt. Dazu benötigt Du Wetterdaten entweder vom Loxone Weather Service oder z. B. vom Weather4Loxone Plugin für den LoxBerry. Da ich in den Abendstunden bewässere, nehme ich zur Berechnung die Tageswerte vom aktuellen Tag. Wenn Du in den Morgenstunden bewässerst, musst Du die Tageswerte vom Vortag verwenden. Dazu müsstest Du Dir die Tageswerte jeweils um z. B. 23:00 Uhr per Impuls in entsprechende Analogwertspeicher zwischenspeichern, da die Wetterdienste üblicherweise keine historischen Daten vom Vortag ausliefern.

Du benötigst folgende Werte:

Wert

Einheit

Variable in

Weather4Loxone

Wert

Einheit

Variable in

Weather4Loxone

Mittlere Tagestemperatur

°C

dfc0_tt_h

Mittlere Tages-Luftfeuchtigkeit

%

dfc0_hu_a

Summierter Tages-Niederschlag

mm/d

dfc0_precip

oder

cur_prec_today



Wie Du siehst nutze ich die Vorhersagedaten des aktuellen Tages, da ich so automatisch die Mittelwerte erhalte. Du kannst Dir natürlich auch die Mittelwerte selbst über den Tag aus den wirklichen Wetterdaten (und nicht den Vorhersagedaten) per LoxConfig generieren. Aus meiner Erfahrung heraus ist das aber nicht nötig. Die Vorhersagedaten des aktuellen Tages stimmem ziemlich genau mit den tatsächlichen Werten überein.

Die entsprechenden Eingänge verbindest Du nun ganz oben im Programm mit den entsprechenden Merkern. Zusätzlich legst Du noch eine Konstante an mit der zuvor berechneten Referenz_ETp und verbindest die Konstante ebenfalls mit dem entsprechenden Merker. Als Letztes musst Du noch eine Konstante für den Zyklus anlegen und mit dem Merker verbinden. Der Zyklus ist abhängig davon, wie oft Du bei Dir bewässerst und dient nur zur korrekten Mittelwertbildung über mehrere Tage. Wenn Du jeden Tag bewässerst, setzt Du den Zyklus auf 1. Bewässerst Du nur alle 3 Tage, setzt Du ihn auf 3. Es wird dann für den Bewässerungslevel der Mittelwert aus den letzten 3 Tagen gebildet.





Im mittleren Teil des Programms wird die aktuelle potentielle Evapotranspiration aus den Wetterdaten berechnet. Im Statusbaustein "Haude Konstante" sind dabei die Konstanten für "Gras" hinterlegt. Hast Du Deine Referenz-Evapotranspiration für eine andere Vegetation berechnet, musst Du die Werte im Statusbaustein entsprechend anpassen.





Im letzten Teil wird dann entsprechend der folgenden - oben schon erklärten - Formel der Bewässerungslevel berechnet. Das Ergebnis wird auf 0 - 200% beschnitten. So ost sichergestellt, das maximal doppelt so lange bewässert wird, wie Du vorgesehen hast. Je nach gewähltem Zyklus wird hier der Gleitende Mittelwert über mehrere Tage gebildet. Deine festgelegte Bewässerungszeit musst Du jetzt mit dem Faktor/Merker "BewLevel_m" multiplizieren.

( Aktuell_ETp - Niederschlag ) / Referenz_ETp

  



Download des Programms für die LoxoneConfig (ab V10):